Was das so alles bewirken konnte

Um 0:00 drehe ich mich auf die andere Seite, schaue meine weiße Wand an und kuschel mich unter meine zwei Bettdecken. Ich denke noch daran, dass ich das Radio noch später ausmachen kann und schlafe sofort ein. Nach zehn Stunden wache ich müde auf. Das Licht brennt, das Radio läuft und draußen ist es hell. Ich fühle mich, als ob ich nie geschlafen hätte, als ob ich noch müder geworden wäre. Mein einziger Gedanke gilt dem Schlafen und ich schlafe wieder ein. Später wache ich wieder auf, ich bin immer noch müde. Mein ganzer Körper schreit nach Ruhe und Dunkelheit, also mache ich Licht und Radio aus und schlafe eine halbe Stunde in seliger Ruhe bis ich von meinem Vater aufgeweckt werde. Es ist eine Stunde vor der Mitte des Tages und mein Fenster steht richtig schön offen, sodass die Kälte herein kommt. Ich schaue das Fenster an und überlege lange, ob ich jetzt aufstehen soll oder nicht. Aber schließlich soll ich es ja. Als ich ans Fenster trete, um es zu schließen, wankt die weiße Winterwelt unseres Gartens vor mir. Schwindelgefühle? Das kann nicht sein. Irgendetwas ist hier faul. Nachdem ich Zähne geputzt habe, hole ich meinen Zettel mit allen Messungen, einen Stift und die Körperwaage aus ihren Höhlen. Ich notiere sorgfältig neben die anderen Zahlen das Datum und die Uhrzeit. Um 11:07 stelle ich mich auf die Waage und starre die Zahl an. 44.9 kg und nur noch 22.6% Körperfettanteil. Das ist unmöglich. Bevor die Zahlen wieder in die Tiefen der Anzeige verschwinden, notiere ich sie schnell und räume alles wieder an seinen Platz zurück. Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll oder nicht. 44.9 kg, dass ist unter 45 kg. Du brauchst fünfundvierzig Kilogramm, um mit deinem Freund in die Winterferien fahren zu dürfen. Wieder im Bad angekommen überlege ich mir, dass es ja nicht so schlecht sein kann, unfreiwillig plötzlich wieder unter die 45 kg gekommen zu sein. Ich könnte ja einfach ein bisschen weiter abnehmen. Nur einmal die 43 angucken und die zwei Kilo könnte man auch mit Wasser dazu trinken. Als ich unten in der Küche angekommen bin, trinke ich erstmal ein Glas Wasser. Ich soll auch frühstücken, meinen meine Eltern. Also hole ich zwei Diätjoghurts aus dem Keller, bleibe vor den Bananen stehen, sage mir, dass ich gerne heute Abend eine essen und kotzen dürfte, aber nicht jetzt, gehe wieder hoch und löffele die einhunderachtzehn Kalorien aus einem Schälchen in mich hinein. Der ganze lange, liebe Tag liegt vor mir.

Den ganzen Mittag backt meine Mutter Spritzgebäck. Es duftet herrlich, aber ich will nicht kosten. Noch nicht. Erst später. Um mich abzulenken ging ich erstmal duschen. Wenn ich unter Stress stehe, hasse ich meinen Körper mehr als sonst. Aber in meinem vierundvierzigkommaneun Kilogramm schweren Körper hielt ich es nicht mehr aus. Ich hatte das Gefühl, nach drei Mal Shampoo und nochmal Duschgel immer noch nicht sauber zu sein. Nach dem Mittagessen, es gab Spaghetti mit Hackfleischsoße und Salat und ich habe wieder einmal sehr viel gegessen, musste ich eine halbe Stunde im Wohnzimmer bleiben. Mindestens. Ich fror in meinem Schlafanzug, den ich immer noch an hatte und der aus einem dicken Pulli sowie einer dünnen Stoffhose bestand. Das Essen lastete schwer in mir, doch ich konnte nicht einfach nach oben verschwinden. Es wäre einfach viel zu auffällig gewesen. Also wartete ich, während ich die Computertasten drangsalierte, darauf, dass meine Eltern zu ihren Freunden gingen. Dann aß ich sehr viele von Mamas Keksen und noch zusätzlich ein paar M&Ms, um mich dann nach oben zu verdrücken. Meiner Schwester musste klar gewesen sein, was ich da tat, denn sie hielt mir täglich vor, dass sie ja in der Adventszeit Schokolade faste und ich so viel in mich hinein fresse, um es anschließend auszukotzen. Nicht dass sie es schon einmal miterlebt hätte, aber bei den Mengen, die mich alle essen sahen, musste es ihnen wohl klar sein, obwohl ich es nicht zugeben wollte.

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Kommentare: 1
  • #1

    life-of-fee (Sonntag, 05 Dezember 2010 15:27)

    Ach Tatti.
    Jetzt weiß ich nicht ob ihc asgen soll: Herlichen Glückwunsch zum U45, oder ob ich mich für dich ärgern soll...
    Naja, erstmal herzlichen glückwunsch und jetzt: Grrrl! Pass auf dich auf, ja?

    Deine schwester ist irgendwie schon ziemlich fies, oder?
    Ich hoff dir gehts halbwegs gut.

    Ich drück dich♥

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